Diese vier Schritte empfehle ich allen, welche sich nun angesprochen fühlen und diese Methode zum Selbstcoaching mal testen wollen. Ich beschreibe das Vorgehen –mal nicht im Corona-Kontext- am Beispiel einer New-Work-Maßnahme für Führungskräfte, mit deren Hilfe sie Mitarbeitenden mehr Mitsprache zur Vertriebsgestaltung eines Produktes gewähren sollen (das könnte z.B. Beyond Leadership sein). So ein Vorgehen sehr wahrscheinlich wird nach Corona-Zeit wichtig werden.
 
1.  Was stört - Das nervige Andere
Sie beginnen auf einem Blatt Papier oben rechts. Dort schreiben Sie untereinander, was Ihnen an der geplanten Maßnahme nicht gefällt bzw. was diese in Ihnen auslöst. Das sollten idealerweise Adjektive oder Gefühlsbeschreibungen sein, weil sie mehr emotionale Konnotationen enthalten als Substantive oder lange Sätze. Beispiel: ich werde unsicher; machtlos; unübersichtlich; nicht durchdacht…. etc. So entsteht ein Block von Zuschreibungen der von Ihnen empfundenen Schattenseite der Maßnahme.
 
2. Was gefällt- Das positive Selbstbild
Nun schreiben Sie in einem Abstand links daneben zu jedem Begriff im ersten Block eine entsprechende Zuschreibung nach folgendem Prinzip: wenn die neue Maßnahme „nicht durchdacht“ ist, wie würden Sie dem gegenüber die alte Herangehensweise beschreiben? Es geht darum, den anderen Pol dieser Dimension „durchdacht“ zu formulieren und noch besser: den Unterschied zu spüren. Wenn Sie dazu „ wohl durchdacht“ oder „bewährt“ notieren, dann finden Sie dazu ein Beispiel, das den Unterschied zu „nicht durchdacht“ beschreibt. Spüren Sie bitte auch den Unterschied, wie fühlt sich die bisherige Situation besser an? Und wie genau die geplante Maßnahme schlechter? Diese Seite des Ressourcen-Quadrats ist die Sonnenseite des bisherigen Vorgehens der Teamführung. Das ist Ihre Komfortzone. Hier fühlen Sie sich mit den genannten Eigenschaften und Zuschreibungen wohl. Das hat sich bewährt.
 
3. Die eigenen Schatten
Nun schreiben Sie im dritten Schritt unter dem letzten Block einen weiteren. Sie notieren zu jedem Punkt aus Schritt 2 weitere Erkenntnisse. Dieses Mal geht es darum: gibt es Situationen bzw. Fälle, in denen die auf der Sonnenseite notierten Zuschreibungen sich negativ auswirken können bzw. es schon bereits getan haben? Jetzt müssen Sie wahrscheinlich etwas länger nachdenken. Sie ahnen es vielleicht: wenn oben die Sonnenseite des Status Quo dargestellt ist, folgt nun dessen Schattenseite. Im Beispiel von oben geht es dann darum, zu hinterfragen, wann die „bewährte“ Methode auch mal zu wenig brauchbaren oder sogar echt negativen oder hinderlichen Folgen führt. Diese Situation holen Sie sich bitte in allen Einzelheiten auf Ihre innere Leinwand zurück. Was ist genau passiert? Wie waren die genauen Auswirkungen? Wie ging es Ihnen persönlich damit? Finden Sie dafür ebenfalls ein Wort und notieren Sie es. Hier dient z.B. eine Situation, in der bewährtes Vorgehen einen Kunden nicht zufrieden gestellt hat. Der Begriff dazu könnte „starrsinnig“ oder/und „unflexibel“ lauten. So stehen hier entsprechend den darüber gefundenen Vorteilen der alten Herangehensweise nun die jeweils dazu assoziierten Nachteile. Dies ist die Schattenseite der „alten Welt“. Ihnen fällt bestimmt spätestens jetzt die Metapher der zwei Seiten einer Medaille ein…Und genau das ist es. Wenn Sie anerkennen, dass auch Ihre bis jetzt so bevorzugte und bewährte Strategie ihre Schattenseiten haben kann, dann besteht eine höhere Bereitschaft, sich den Vorteilen der New-Work-Methode zu öffnen. Damit beschäftigen Sie sich in einem vierten und letzten Schritt in diesem Quadrat.
 
4. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Diese Binsenweisheit gilt eben für beide Seiten der Medaille. Sowohl für die alte Methode, Teams zu führen wie auch für die neuen Tools. Jetzt gehen Sie die Sonnenseite der neuen Methodik an. Sie notieren also rechts neben dem dritten bzw. unter dem ersten Block zu den jeweils darüber stehenden negativen Zuschreibungen (Schritt 1), was Ihnen zu folgender Frage einfällt: Wann können diese Eigenschaften auch nützlich sein? Im obigen Beispiel „nicht durchdacht“ könnte dieser geänderte Blickwinkel mit „offen für andere Möglichkeiten“ beschrieben werden. Die mögliche neue Erkenntnis ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Schritte 2 und 3: wenn Bewährtes auch zu Fehlern führen kann, dann ist es möglicherweise eine gute Basis, Neues auszuprobieren. Dazu muss ich auch mal „nicht Durchdachtes“ wagen. Jedenfalls wird so die Akzeptanz größer, Elemente des neuen Führungsstils zu übernehmen, zu testen.
Ein Test für die Akzeptanz und die Nachhaltigkeit dieser Erkenntnisse können folgende Fragen sein:
Vergangenheits-Reframing:
Wie wären die weniger erfolgreichen Situationen aus Schritt 3 optimaler
verlaufen, wenn Sie die neuen Eigenschaften bzw. Erkenntnissen angewendet
hätten. Was wären die Ergebnisse gewesen?
Ressourcen-Finder:
In welchen Situationen habe ich die von mir hinderlich bewerteten Eigen-
schaften schon einmal -mehr oder weniger- erfolgreich eingesetzt. Wie genau
ist passiert? Was kann ich daraus lernen?
Zukunfts-Check:
In welchen bevorstehenden Kontexten können Sie diese Erkenntnisse
ausprobieren? Was wollen Sie so lassen wie es ist? Die letzte Frage dient der
eigenen Zufriedenheit. Menschen verändern neue Erkenntnisse, leichter,
wenn sie das Gefühl haben, auch altgewohnte Verhaltensweisen beibehalten
zu können.

Mich beeindruckt immer wieder, wie schnell mit diesem Vorgehen Aha-Erlebnisse erzielt werden. So haben Sie schnell Zugang zu Ihren Ressourcen. Und diese benötigen Sie immer, wenn Sie bevorstehende Veränderungen –auch und gerade in Corona-Zeiten- mit mehr Offenheit und Gelassenheit begegnen wollen oder müssen. Anstatt also in dem oft zitierten Quadrat zu springen, nutzen Sie dieses Quadrat für Ihre Ressourcen. Viel Erfolg und Spaß damit.